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Neues, schonendes Operationsverfahren bei Lungenkrebs am Uniklinikum Würzburg etabliert

10.06.2013 Zum Leistungsspektrum des Würzburger Universitätsklinikums gehört seit diesem Frühjahr eine neue, minimalinvasive Lungen-Operationstechnik. Mit ihr können bestimmte Tumoren besonders schonend entfernt werden.
Bei der VAT Lobektomie wird ein ganzer Lungenlappen über einen 4 cm langen Schnitt in der Achselhöhle entfernt. Johannes Dederichs (rechts) war der erste Patient, bei dem das neuartige Operationsverfahren an der Uniklinik Würzburg durchgeführt wurde. Prof. Dr. Thorsten Walles (links) zeigt die Schnittführung an einem Modell.              Bild: Uniklinikum Würzburg

Ende März dieses Jahres wurde bei Johannes Dederichs am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) ein Plattenepithelkarzinom aus dem rechten oberen Lungenflügel entfernt. Hierzu führten Prof. Thorsten Walles, der Bereichsleiter Thoraxchirurgie des mainfränkischen Großkrankenhauses und sein Ärzteteam eine VAT-Lobektomie durch. VAT steht für „Videoassistierte Thorakoskopie und eine Lobektomie ist die vollständige Entfernung eines Lungenlappens. Bei dieser modernen Schlüsselloch-Operationstechnik führen die Chirurgen über einen kleinen Schnitt zwischen zwei Rippen eine Kamera in den Brustkorb ein und nehmen über zwei weitere, ebenfalls nur ein bis zwei Zentimeter lange Schnitte den Eingriff am Atmungsorgan vor. „Herkömmlicherweise müssen wir Chirurgen bei Lungen-OPs den Brustkorb mit lange Schnitten am Rücken öffnen und mit kräftigen Spreizern die Rippen aufdehnen, um uns den Weg zur Lunge zu bahnen“, schildert Prof. Walles. „Entsprechend langwierig und oftmals mühsam ist der Heilungsprozess für den Patienten.“
 
Schnellere Genesung nach Schlüsselloch-Eingriff
Als Alternative begann Ende der 1990er Jahre die Entwicklung minimalinvasiver Operationsverfahren am Brustkorb. Zunächst konnten nur kleine Manipulationen an der Lunge vorgenommen werden. Dank der Weiterentwicklung der Operationsinstrumente, der Modifikation der Operationsverfahren und der zunehmenden Operationserfahrung der Chirurgen ist es heute an weltweit einzelnen Lungen-Spezialkliniken möglich, auch große Lungenoperationen mit der Entfernung ganzer Lungenlappen per Schlüssellochtechnik durchzuführen. „Die Vorteile für die Patienten liegen auf der Hand: Weniger Schmerzen, schnellere Erholungszeiten nach der Operation und damit kürzere Krankenhausaufenthalte“, berichtet Prof. Walles. „Und ein kleiner Schnitt ist kosmetisch allemal schöner als ein großer.“
 
Eine Chance für Risikopatienten
Insbesondere so genannte Risikopatienten, also ältere Menschen und Patienten mit relevanten Begleiterkrankungen, profitieren vom schonenderen operativen Vorgehen. Zu dieser Gruppe zählt auch Johannes Dederichs. „Auf Grund meines Alters und allgemeinen Gesundheitszustands war ich ein Risikopatient für den großen Schnitt mit anschließender Intensivstation vor dem ich auch große Angst hatte“, schildert der 66-Jährige. Nach der gelungenen, ersten Würzburger VAT-Lobektomie am 21. März dieses Jahres und einer anschließenden Reha fühlt sich der pensionierte, ehemalige Leiter einer psychosozialen Einrichtung heute gut, stabil und dankbar. Dederichs: „Durch die ärztliche Kunst der Operateure kann ich die Belange meines Lebens wieder selbst in die Hand nehmen.“
 
Bis zu 40 VAT-Lobektomien pro Jahr
Laut Prof. Walles sollte für eine VAT-Lobektomie der Tumor einen Durchmesser von unter drei Zentimetern haben. Außerdem sollten die Lymphknoten in der Lunge noch nicht vom Tumor befallen sein. Nach seiner Einschätzung kann das Verfahren bei etwa jedem fünften Lungentumor-Patienten, der eine ausgedehnte Lungenoperation benötigt, eingesetzt werden. Der Thoraxchirurg rechnet vor: „Im Jahr 2012 haben wir insgesamt 430 Lungenoperationen am UKW durchgeführt. Bei den sich rasch nach oben entwickelnden Patientenzahlen werden es in diesem Jahr sicher mehr als 600 sein. Da nur Frühstadien eines Lungenkrebses und im Einzelfall Lungenmetastasen durch andere Tumoren sowie isolierte gutartige Lungenveränderungen für die neue Operationsmethode in Frage kommen, ist bei den derzeitigen Patientenzahlen von jährlich ungefähr 30 bis 40 VAT-Lobektomien am Würzburger Uniklinikum auszugehen.“

Nach dem Würzburger „Premieren-Patienten“ Dederichs wurden in den letzten Wochen schon eine Reihe weiterer Lungenkrebskranker erfolgreich per Schlüsselloch-OP am UKW behandelt. Das neue Therapieangebot ist ein regionales Alleinstellungsmerkmal: Nach Wissen von Prof. Walles bietet in einem Umkreis von mindestens 100 km um Würzburg kein anderes Krankenhaus diese Leistung an.